Boxt nichts so schnell um: Interview mit Mentor Iven Hildebrandt
Im Interview mit Mentor Iven Hildebrandt wird schnell klar: Ihn wirft so schnell nichts aus der Bahn! Als waschechter Tausendsassa stellt Iven sich allen Dingen, die ihm das Leben so vor die Füße wirft und gibt dabei seine Erfahrungen nicht nur an die On Purpose Gemeinschaft weiter, sondern er bereichert auch das Leben seiner Nachbarschaft, weiterer Mentees und Coachees und bringt darüber hinaus die Projekte des Start-ups Regional Hero mit seiner weitreichenden Expertise im Business Development voran.
Erfahrt im Interview mehr über seinen vielfältigen Stationen, seine Pro-bono-Tätigkeit als Mentor bei On Purpose und welchen Tipp er zukünftigen Associates mitgibt.
Lieber Iven, erzählst du uns ein wenig über dich? Was waren deine Stationen? Und wie bist du dorthin gelangt, wo du heute bist?
Ich bin ein Kind aus einer Kleinstadt im ehemaligen Bezirk Magdeburg. Während meiner Schulzeit habe ich mit dem Boxen begonnen und als Leistungssportler eine intensive Erfahrung mit „Autoritäten“ gemacht. Meine Karriere ging dann auch nicht lang. Mein Abitur machte ich in einem Internat in Greifswald. Das Experiment im Militärdienst endete zur Wende und das zweite geplante Studium der Geologie an den Gegebenheiten vor Ort. Meine erste Selbstständigkeit fuhr ich gegen die Wand und wechselte in den Autohandel für eine alte Berliner Autohändlerfamilie. Meine Karriere beendete ich dort als Vertriebsleiter für die fünf noch existierenden Standorte.
Über einen Sparringspartner landete ich dann in einer Unternehmensgruppe und verantwortete den Vertrieb und das Marketing der vier Geschäftsbereiche. Konsequenterweise wechselte ich dann in einen Konzern und wurde Leiter des strategischen Vertriebs, beendete mein Studium als Fachwirt mit einem Diplom und machte mich wenig später erneut selbstständig. Die Gründe für diese Entscheidung waren vielfältig, die Geburt meines dritten Kindes, Haus und Hof und die Herausforderung für eine Tochter von Goldman Sachs das Thema Portfolioakquise in Deutschland aufzubauen, für eine Investorengruppe eine Leasinggesellschaft in Zürich zu sanieren und einen Fahrzeugbauer in Potsdam aus der Insolvenz zu holen. Parallel dazu gründete ich weitere Unternehmen (Spezialfahrzeughandel, Softwareentwicklung und ein Stellenportal für Unternehmen) und dann kam eine erneute Zäsur, da ich, durch einen Unfall bedingt, um mein Leben kämpfen mußte. Ich habe gewonnen und alles verändert!
Die Softwarefirma lief noch einige Jahre, während ich für ein junges Start-up den Vertrieb in D-A-CH aufbaute und dann entschied ich mich zum Wechsel in ein Beratungsunternehmen, das sich auf das noch junge Start-up-Umfeld in Berlin fokussierte. War wieder eine spannende Zeit mit unfassbar interessanten Projekten, tollen Menschen und neuen Herausforderungen. Parallel dazu bin ich in die offizielle Boxwelt der Amateure als Trainer zurückgekehrt. Zwei Projekte haben mich hier wirklich gefordert: Als Wettkampftrainer eines ehemaligen Leistungsstützpunkts in Schöneweide und als Trainer an drei Standorten für „Kick-im-Boxring“! Für letzteres Projekt gab es dann auch den Bambi für Integration und wieder tolle Menschen und Herausforderungen, die ich begleiten durfte.
Nach zwei weiteren Stationen bei der „MUUUH! Group“ und „Der Freitag“, diversen Aktivitäten rund um das Thema Zukünfte, sozialen Projekten in der Nachbarschaft und durch meinen Enkel bin ich nunmehr da, wo ich bin. ;-)
Auch wenn die verkürzte Version eigentlich sehr lang scheint, mein persönliches Umfeld (Lebenspartner, Freunde, Bekannte und mein Kiez) hat ebenfalls einen großen Anteil an meiner Entwicklung!
Wow, vielen Dank für diese eindrucksvolle Reise durch dein Leben, Iven! Nimm uns mit zurück zu einem kleineren Ausschnitt: In welchem Zusammenhang hast du das erste Mal von On Purpose gehört?
Während meiner Zeit als Berater stieß ich vermehrt auf nachhaltig ausgerichtete Unternehmen, auf die ganze Thematik SINN in Unternehmen. Hat mich schon immer umgetrieben und somit waren es nur ein paar Klicks, um bei On Purpose Gründer Tom auf der Seite zu landen. ;-)
Und im nächsten Schritt: Wie ist die Zusammenarbeit mit On Purpose entstanden und wie sieht diese aus?
Das hat dann doch noch ein wenig Zeit gebraucht. Erst der persönliche Kontakt zu Andreas Steffen und vorher zu Julia Holze haben mich zum Standort Berlin, also zu euch gebracht. Den ersten persönlichen Kontakt hatte ich dann zu Frederic, einem eurer Geschäftsführer, bei dem wir mögliche gemeinsame Schnittmengen identifiziert haben. Die konkrete Umsetzung erfolgte dann mit eurer Geschäftsführerin Jess und im letzten Jahr habe ich dann meine beiden ersten Mentees betreut. Jess und ich tauschen uns darüber hinaus auch zum Programm und zu Möglichkeiten von Veränderungen aus.
Lass uns aus deiner Erfahrung als Mentor schöpfen: Welchen Tipp würdest du aus deiner Perspektive allen geben, die das Associate-Programm starten?
Seid aufrichtig euch selbst und der Partnerorganisation gegenüber … es geht um Veränderungen und das fühlt sich manchmal verstörend an. ;-)
Wenn du nicht gerade der nächsten Generation der Changemaker*innen hilfst, sich weiterzuentwickeln: Womit beschäftigst du dich derzeit?
Zur Zeit unterstütze ich unter anderem Regional Hero, ein Unternehmen entstanden aus Helfen.Berlin, bei ihrer Strategieentwicklung. Helfen.Berlin ist eine non-profit Initiative, die während des ersten Lockdowns innerhalb kürzester Zeit aus dem Boden gestampft wurde, um dem lokalen Gewerbe, Gastronomie und Dienstleister*innen mit einer Gutscheinlösung unter die Arme zu greifen. Das Team von Regional Hero hat sich aus verschiedenen Bereichen zusammengesetzt, alle von dem Gedanken geeint, die Individualität der einzelnen Kieze zu bewahren! Helfen.Berlin war ein wahnsinniger Erfolg. Es wurden innerhalb von 6 Wochen 1,5 Mio. € eingenommen, um damit lokale inhabergeführte Unternehmen zu unterstützen!
Darüber hinaus betreibe ich ein Nachbarschaftsprojekt mit dem Namen „Coronahoftrainingsgruppe“ seit dem Februar 2020 das nunmehr an drei Tagen in der Woche jeweils eine Stunde im Innenhof unseres Blocks stattfindet. Hier leite ich ein boxspezifisches Fitnesstraining für Nachbar*innen und Freunde aus dem Kiez, um sie bei ihrer Fitness zu unterstützen. Parallel unterstütze ich meine vier indirekten NachbarInnen, die über 90 Jahre alt sind durch die Pflege von sozialen Kontakten. Bedeutet konkret, das ich sie besuche, mit ihnen rede, kleine Aufgaben erledige, also einfach für sie da bin, auf das sie nicht vereinsamen.
Mein Thema „unternehmerisches Coaching/Mentoring“ kommt auch nicht zu kurz, da ich zwei Einzelunternehmer*innen aus meinem persönlichen Umfeld bei den anstehenden Veränderungsprozessen begleite und bei einem Freund auch gleich noch als „Karrierecoach“ fungiere. Was an Zeit und Muße noch bleibt, wird mit Philosophie, Lernen und Wissensvermittlung, Politik und Gesellschaft und Musik von Künstlern aus dem Freundeskreis aufgefüllt.
Klasse, eine super unterstützenswerte Idee in diesen Zeiten! Kannst du uns mehr über den aktuellen Stand des Projekts und das Geschäftsmodell erzählen?
Aufgrund des Erfolgs von Helfen.Berlin, der Liebe zu den „Lieblingsorten“ und der stetig wachsenden Abwanderung des Geldes aus den deutschen Innenstädten und Regionen, wurde die gemeinnützige Gutscheinlösung mit der Gründung der Regional Hero GmbH im Juni 2020 in die Zukunft transportiert! Die erste Lösung zur Rettung des Einzelhandels ist die B-Card für Berlin. Eine Gutscheinkarte, die in allen teilnehmenden Lieblingsorten eingelöst werden kann und somit das Geld in der Stadt hält und die Wirtschaft unterstützt! So wie Helfen.Berlin bei den „Lieblingsorten“ angefangen hat, so geht es bei der B-Card auch weiter. Die Lieblingsorte zahlen keine Teilnahmegebühr oder bekommen einen Vertrag aufgedrückt, sondern zahlen lediglich bei Einlösen der B-Card eine faire Miniprovision, so schreibt der Lieblingsort Kerzenmanufaktur Lichterglanz, dass man merkt, das Geld nicht abwandert! Der USP von Regional Hero und der B-Card ist das soziale Engagement. Denn wenn die Gutscheine nach der Frist von drei Jahren nicht eingelöst werden, geht das Geld nicht wie bei anderen Gutscheinanbietern an den Anbieter, sondern 50 % werden an gemeinnützige, lokale Initiativen gespendet und 50 % gehen zurück an den „Lieblingsort“, der den Gutschein verkauft hat. So hat Regional Hero bereits 2020 die Mehrwertsteuersenkung zu einer Spende gemacht und diese nochmals gedoppelt an den Berliner Obdachlosen e.V. weitergegeben.
Da die Krise ein Bewusstsein für das generiert hat, was sich mit großen Onlineversandhäusern und internationalen Ketten schon seit langer Zeit anbahnt, konnte Regional Hero prominente Partner gewinnen, wie den rbb 88.8, die Berliner Feuersozietät und das Netzwerk „AußerGewöhnlich Berlin“.
Was ist dein Antrieb bei diesem Projekt? Benötigt ihr Unterstützung und falls ja, was können Leser*innen oder wir als Gemeinschaft tun?
Da Regional Hero noch ein junges Start-up ist, kann man es, die Idee und somit alle Lieblingsorte, die Teil des Netzwerks sind, dadurch unterstützen, dass man die Initiative publik macht! Erzählt eurer Familie davon, schenkt euren Freunden eine Gutscheinkarte und begeistert eure Arbeitgeber oder Unternehmen davon, den regionalen Handel in Form eines steuerfreien Sachbezugs zu unterstützen! Folgt @bcard_offical auf Instagram und DAS BCard auf Facebook.
Und wie geht es sowohl für helfen.berlin bzw. Regional Hero als auch für dich weiter?
Regional Hero hält die Füße nicht still und hat bereits im Dezember letzten Jahres in München die Minga-Card, das Pendant zur B-Card erfolgreich etabliert. Im Norden und Westen werden demnächst weitere Netzwerkgutscheine umgesetzt – stets begleitet von einem lokalen Team und abgestimmt auf die verschiedenen regionalen Bedürfnisse und skalierbar auf jede Größe, ob Dorf, Stadt oder Metropolregion. Jede Region, die das Geld binden möchte, um den lokalen Handel zu unterstützen, kann sich gerne bei Regional Hero melden!
Das unterstützen wir sehr gern! Vielen Dank für das Interview, das Teilen deiner Erfahrung und danke, dass du unsere Gemeinschaft als Mentor so aktiv mitgestaltest, Iven! Wir wünschen dir weiterhin alles Gute und viel Energie bei deinen nächsten Schritten und Projekten!
Du möchtest On Purpose mit deiner Expertise auch als Mentor*in unterstützen? Dann nimm gern Kontakt mit uns auf. Oder möchtest du dich im Rahmen des Associate-Programms weiterentwickeln – dann registriere dich jetzt für weitere Informationen zum Programm und zur Bewerbung. Wir freuen uns auf dich!