Ein Jahr auf der Suche nach “Balance”
Wenn ich mein On Purpose Jahr in einem Wort zusammenfassen müsste, wäre es wohl das unscheinbare und doch gewichtige Wort “Balance”. Harmonie, Ausgleich, Gleichgewicht — all das sind andere Worte für einen Zustand, nachdem eigentlich jeder Mensch und jedes System auf der Welt strebt. Ich möchte euch in den folgenden Zeilen erzählen, wie ich meine Balance im Rahmen des On Purpose Programms langsam wiederfinden konnte.
+++ Achtung, hier droht was zu kippen +++
Dass ich mich in einem Ungleichgewicht befand, wurde mir Ende 2018 bewusst. Eigentlich war ich zufrieden mit meinem Job als Produktmanager für CHECK24, trotzdem fehlte mir etwas. Obwohl ich mich privat bereits mit Sinn, Wirkung und gesellschaftlichem Mehrwert beschäftigt hatte, konnte ich eben das in meiner Anstellung nicht finden. Mein noch etwas diffuses Gefühl von Disharmonie hat mich schließlich zu On Purpose gebracht.
Ein direkter Wechsel in den sogenannten dritten Sektor wäre damals für mich ein zu großer Schritt gewesen, da ich noch keine klare Orientierung in dem gänzlich neuen Bereich des sozial-ökologischen Unternehmertums hatte. Das einjährige Programm bot mir einen guten Ausgleich zwischen Praxis und Theorie und einen guten Startpunkt für meine Erkundungen.
+++ Gleichgewichtsübungen: Monat 1 +++
Im April 2019 begann für mich das Associate-Programm und auch dessen 12 Monate sollten weiterhin von der Suche nach Balance geprägt sein. Trotz tollem Auftakt und guter Einführung, auf so viel Neues war ich damals nicht gefasst gewesen: In den ersten Wochen lernte ich neue Kolleg*Innen und meine Aufgaben im Placement kennen, versuchte mich in der On Purpose Community von Gleichgesinnten zurecht zu finden und in den freitäglichen Trainings neue Konzepte zu den großen Fragen wie Wirkung, Sozialunternehmen und Leadership zu erfassen.
Doch in all dem Neuen zeigten auch altbekannte Emotionen ihr Gesicht: Verunsicherung, Freude, Zuversicht…
Mit der ersehnten Balance war es zunächst noch weit gefehlt und so stakste ich auf noch wackligen Beinen in meine ersten Herausforderungen im Placement, wurde jedoch bald auch mit ersten Erfolgen belohnt.
+++ Fokus pokus +++
Die riesige Bandbreite an beruflichen Handlungsfeldern mit Wirkungsorientierung hat mich direkt zu Beginn fasziniert, jedoch nach einiger Zeit auch etwas überfordert.
Das Jahr bot unglaublich viele Möglichkeiten, um mich ausprobieren. Der Fokus lag dabei natürlich auf den Projekten in den Placements (wie bspw. die Analyse von Stipendien als neues Produkt für deineStudienfinanzierung oder die Entwicklung einer IoT-Plattform für perto), aber auch außerhalb des Placements gab es unzählige inspirierende Formate. Schon bald fand ich mich auf Netzwerk-Events, Hackathons und Klimastreiks wieder. Das alles war neu und erfrischend und auch ein guter Ausgleich zum beruflichen Alltag in meinen Placements.
Mein erste Herausforderung im On Purpose-Jahr bestand folglich jedoch darin, mich auf einige wenige Themen zu konzentrieren und andere bewusst außen vor zu lassen. Insbesondere das in das Jahr integrierte Coaching hat mir dabei geholfen, meinen eigenen Schwerpunkt im wirkungsorientierten Arbeiten zu finden.
+++ Ausgleich finden und leben +++
Natürlich war es motivierend, sich über diesen Prozess und die ersten Erkenntnisse und Lehren mit Gleichgesinnten auszutauschen. Ich nutzte in meinem Jahr jede Gelegenheit, neuen Leuten im On Purpose Netzwerk zu begegnen (u.a. auch an Wochenenden in Berlin und Brüssel).
Sich den ganzen Tag mit der eigenen Wirkung und der Wirkung von Organisationen auseinanderzusetzen, kann aber auch anstrengend sein. Um nicht dem Optimierungswahn zu verfallen, fand ich Ausgleich im Privatleben und mit Freund*Innen, die ganz andere Dinge in ihrem Leben bewegten. Der Kontakt zu Menschen außerhalb des On Purpose-Netzwerks tat gut, war aber auch deshalb sehr interessant, weil ich einen Großteil meiner Freund*Innen nochmal von einer ganz neuen Seite kennen lernen konnte, denn sie hatten auch interessante Ideen und Fragen zu Wirkung oder Sinn, man muss nur fragen.
+++ Alles im Lot? +++
Die prägendste Erfahrung in diesem Jahr war für mich die Schärfung meines eigenen Profils und die Reflexion meiner eigenen Person. Hatte ich anfänglich lediglich die vage Idee, “Menschen zu helfen”, so habe ich durch das Jahr vier große Erfolge erzielt:
- Ich habe meine persönlich wichtigen Werte erkannt.
- Ich habe meine Stärken & Schwächen erforscht.
- Ich habe mein ideales Arbeits- und Wirkungsumfeld definiert und
- somit eine neue Vision für mich gefunden, auf deren Umsetzung ich nun hinarbeiten kann.
Vieles davon habe ich einem hervorragenden Coaching mit Kathrin Tietz und ihrer Leitfrage “Wofür ist es gut?” zu verdanken.
Ohne diese Fülle an Erfahrungen würde ich wahrscheinlich jetzt nicht mit einigen Mitstreiter*Innen an einem Portal für die Rückgabe alter Elektrogeräte tüfteln, sondern mich immer noch fragen, was mir eigentlich als Produktmanager für CHECK24 fehlt.
Das On Purpose Jahr war für mich der Anfang eines neuen Kapitels und ich freue mich nun darauf, daran anzuknüpfen. Egal wie wackelig der Weg auf Suche nach dem eigenen Sinn auch sein mag, ich kann dich nur ermutigen, sich ihr hinzugeben.